Praxis der MROS in Bezug auf das Bundesgesetz über die Sperrung und die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte ausländischer politisch exponierter Personen (SRVG)

Tragweite von Artikel 7 SRVG in Bezug auf Artikel 9 GwG

Das Bundesgesetz über die Sperrung und die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte ausländischer politisch exponierter Personen (SRVG; SR 196.1) ist am 1. Juli 2016 in Kraft getreten. Es räumt der MROS neue Kompetenzen ein. Eine Reihe von Finanzintermediären hat das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und die MROS um Präzisierungen zu der nach diesem Gesetz geltenden Meldepflicht gebeten. Nachfolgend die gemeinsam von der MROS und dem EDA formulierten Erläuterungen:

A. Inkrafttreten des Gesetzes und zuständige Behörden

Das SRVG verpflichtet Personen und Institutionen, der MROS Vermögenswerte unverzüglich zu melden, die einer Sperrungsmassnahme unterliegen (Art. 7 Abs. 1–3 SRVG). Die MROS übermittelt die in einer Meldung erhaltenen Informationen dem EDA und dem Bundesamt für Justiz (Art.7 Abs. 6 SRVG).

Die Praxis vor Inkrafttreten des SRVG hat gezeigt, dass Personen oder Institution bei Zweifeln in Zusammenhang mit der Meldepflicht manchmal Kontakt mit der zuständigen Behörde aufgenommen haben, um Auskunft zu erhalten. Bis 30. Juni 2016 war das die Direktion für Völkerrecht (DV) des EDA. Bei weiteren Anfragen zu diesem Thema verweist diese Behörde nun auf die MROS, die seit 1. Juli 2016 neu zuständige Stelle.

Einige wenige Anfragen, die bei der DV/EDA vor dem 1. Juli 2016 eingingen, sind noch anhängig. Das SRVG sieht keine spezifischen Übergangsbestimmungen vor. Deshalb wird die DV/EDA diese Anfragen noch abarbeiten und die zum Thema geführte Korrespondenz der MROS in Kopie zustellen.

Die Artikel 7 und 13 SRVG legen die Kompetenzen und Aufgaben der MROS fest. Anders als im Artikel 23 GwG für Meldungen, die gestützt auf das GwG erstattet werden vorgesehen, ist die MROS nicht dazu verpflichtet, Meldungen zu analysieren, die sie gestützt auf Artikel 7 SRVG erhalten hat.

B. Meldung nach Artikel 7 SRVG

Da die nach Artikel 7 SRVG erstattete Information weniger detailliert ist als die Meldung gemäss Artikel 9 des Geldwäschereigesetzes (GwG; SR 955.0), hat die MROS ein spezielles Formular vorbereitet, das von ihrer Webseite heruntergeladen werden kann. Das Formular soll den Personen und Institutionen helfen, gesperrte Vermögenswerte zu melden (siehe Anhang).

Die Begriffe «ausländische politisch exponierte Personen» (PEP) und die ihnen «nahestehenden Personen»
Keine Probleme stellen sich in der Praxis hinsichtlich der Pflicht, Bankkonten von PEP (oder an denen PEP wirtschaftlich berechtigt sind) im Sinne von Artikel 2 Buchstabe a SRVG zu melden, die in der Namensliste im Anhang zu den Sperrungsverordnungen aufgeführt sind. Keine Schwierigkeiten bieten sich auch, wenn es sich um Konten einer in diesen Listen aufgeführte «nahestehende Person» im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b SRVG handelt. Die Finanzintermediäre melden solche Konten in der Regel sehr rasch, meistens schon wenige Tage, nachdem eine vom Bundesrat erlassene neue Sperrungsverordnung in Kraft getreten ist.

Der Begriff «Vermögenswerte»
Artikel 2 Buchstabe c SRVG liefert eine gesetzliche Definition des Begriffs «Vermögenswerte». Die Botschaft erläutert diesen Begriff und weist auf dessen Bedeutung im Strafrecht hin. Bei Vermögenswerten kann es sich um jede Art von materiellen oder immateriellen, beweglichen oder unbeweglichen Gütern handeln. Die Botschaft verweist auch auf frühere Sperrungsverordnungen, in denen die dem Bereich des Sanktionsrechts entlehnten Begriffe «Gelder» und «wirtschaftliche Ressourcen» verwendet worden sind. Der Begriff «Vermögenswerte» im Sinne vom Artikel 2 Absatz c SRVG ist somit sehr umfassend und deckt einen weiten Bereich ab (BBL 2014 5296 f.). Unter den Begriff «Vermögenswerte» («Gelder» nach bisheriger Terminologie) fallen finanzielle Vermögenswerte, einschliesslich Bargeld, Schecks, Geldforderungen, Wechsel, Geldanweisungen oder andere Zahlungsmittel, Guthaben, Schulden und Schuldenverpflichtungen, Wertpapiere und Schuldtitel, Wertpapierzertifikate, Obligationen, Schuldscheine, Optionsscheine, Pfandbriefe, Derivate; Zinserträge, Dividenden oder andere Einkünfte oder Wertzuwächse aus Vermögenswerten; Kredite, Rechte auf Verrechnung, Bürgschaften, Vertragserfüllungsgarantien oder andere finanzielle Zusagen; Akkreditive, Konnossemente, Sicherungsübereignungen, Dokumente zur Verbriefung von Anteilen an Fondsvermögen oder anderen Finanzressourcen und jedes andere Finanzierungsinstrument für Exporte. Auch was nach bisheriger Terminologie unter «wirtschaftliche Ressourcen» fiel, gilt als Vermögenswerte jeglicher Art, unabhängig davon, ob sie materiell oder immateriell, beweglich oder unbeweglich sind, insbesondere Immobilien und Luxusgüter.

Das Begriffspaar «Personen und Institutionen»
Die im SRVG verwendete Formulierung «Personen und Institutionen» ist sehr weit gefasst. Dementsprechend oft wurden diese Begriffe in den Vorbereitungsarbeiten zum Gesetz immer wieder präzisiert. Gemeint sind zunächst die Finanzintermediäre im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a GwG sowie Händlerinnen und Händler im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b GwG. Diese Begriffe subsumieren ausserdem andere Akteure, die nicht der Sorgfaltspflicht gemäss GwG unterliegen. Das sind vor allem die Grundbuchämter. Sie müssen den zuständigen Behörden unverzüglich Immobilien melden, die unter eine Sperrung fallen (BBl 2014 5310). Die Formulierung «Personen und Institutionen» umfasst auch Vermögensverwalter, Fondsmanager sowie Treuhänder und auch Händlerinnen und Händler (BBl 2014 5309 f.).

C. Verhältnis SRVG – GwG

Bisweilen gab es in der Praxis Schwierigkeiten, wenn Finanzintermediäre im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a GwG angewiesen wurden, auf Schweizer Bankkonten von Personen oder Unternehmen, die in keiner Sperrliste aufgeführt sind, Geld zu überweisen. Und zwar Geld, das aus Geschäften stammte, die im Rahmen von Handelsverträgen getätigt wurden, die mit ausländischen Unternehmen geschlossen worden waren, die von PEP kontrolliert werden, die in einer Sperrliste aufgeführt sind. Schwierigkeiten dieser Art kann es vor allem in Zusammenhang mit Verträgen über den internationalen Warenkauf geben, wenn der Verkäufer ein Bankkonto in der Schweiz hat und es sich beim Käufer um ein im Ausland ansässiges Unternehmen handelt, das von einer PEP kontrolliert wird, die in einer Sperrliste aufgeführt ist. Geht nun bei einem Finanzintermediär eine Geldüberweisung aus dem Ausland ein, kann er sich vor die Frage gestellt sehen, ob das Geld dem Schweizer Konto des Kunden gutgeschrieben werden darf, ohne dass eine Meldung in Sinne des SRVG gemacht werden muss, oder ob das Geld als Vermögenswert einer gelisteten PEP gilt und somit gesperrt und gemeldet werden muss.

Grundsätze bei der Anwendung von Artikel 7 SRVG
Mit dem SRVG und dem GwG werden zwar unterschiedliche Zwecke verfolgt, und doch ergänzen sich diese beiden Gesetze und müssen in der Praxis konsequent angewandt werden. In den Vorbereitungsarbeiten zum Gesetz und in den Parlamentsdebatten kam deutlich zum Ausdruck, dass der Unsicherheit bei der Anwendung der Gesetze Abhilfe geschaffen und den Finanzintermediären die Umsetzung des Gesetzes soweit als möglich erleichtert werden soll – vor allem auch, indem nicht mehr das EDA, sondern die MROS als zentrale Anlaufstelle oder «Guichet unique» Meldungen entgegennimmt (BBl 2014 5310). Es gilt des- halb, darauf zu achten, dass nach Artikel 7 SRVG und nach Artikel 9 GwG erstattete Meldungen nicht zu unzureichend koordinierten oder gar widersprüchlichen Ergebnissen führen. Dies lässt sich vermeiden, wenn die folgenden Grundsätze beachtet werden:

  1. Finanzintermediäre, Händlerinnen und Händler sind nach einer gestützt auf Artikel 7 SRVG erstatteten Meldung nicht aus ihrer Verantwortung gemäss GwG entlassen. Sie müssen gegebenenfalls eine Meldung nach Artikel 9 GwG erstatten (BBl 2014 5310 f.) und die für sie gemäss GwG geltenden Sorgfaltspflichten erfüllen.
  2. Finanzintermediäre, Händlerinnen und Händler sind nach einer gestützt auf Artikel 9 GwG erstatteten Meldung nicht aus ihrer Verantwortung gemäss Artikel 7 SRVG entlassen. Sie müssen gegebenenfalls eine Meldung nach Artikel 7 SRVG erstatten.
  3. Es bedarf keiner Meldung nach Artikel 7 SRVG, wenn:
    – der Kontoinhaber (oder der wirtschaftlich Berechtigte) eine PEP ist, deren Name nicht im Anhang der Sperrungsverordnung aufgeführt ist;
    – der Kontoinhaber (oder der wirtschaftlich Berechtigte) eine der PEP nahestehende Person ist, deren Name nicht im Anhang der Sperrungsverordnung aufgeführt ist.
  4. «Gelder» und «wirtschaftliche Ressourcen» im Sinne früherer Sperrungsverordnungen (und Verordnungen zur Durchsetzung von Sanktionen, die gestützt auf das Embargogesetz getroffen worden sind) gelten als Vermögenswerte. Sie sind nach Massgabe von Artikel 7 SRVG meldepflichtig.
  5. Die Sperrung von Vermögenswerten im Sinne von Artikel 3 SRVG ist keine Handelssanktion. Jegliche in der Schweiz befindlichen Vermögenswerte eines Unternehmens mit Sitz in der Schweiz, das in der Verfügungsmacht einer gelisteten PEP (oder einer ihr nahestehenden gelisteten Person) ist, sind nach Massgabe von Artikel 7 SRVG meldepflichtig und werden gesperrt.
  6. Geht bei einem Finanzintermediär eine Auslandsüberweisung ein, die dem Konto eines seiner nicht gelisteten Kunden gutgeschrieben werden soll, ist grundsätzlich keine Meldung nach Artikel 7 SRVG erforderlich. Und das selbst wenn die Überweisung der Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber einer gelisteten Person dient (oder eines Unternehmens, das in der Verfügungsmacht einer gelisteten Person steht). Dies gilt, sofern die gelistete Person durch die Überweisung an den Finanzintermediär das Eigentum an den Vermögenswerten endgültig aufgegeben hat. In einem solchen Fall bleibt der Finanzintermediär dennoch weiterhin verpflichtet, nach Massgabe der für ihn geltenden Sorgfaltspflichten gemäss GwG den wirtschaftlichen Hintergrund und den Zweck der Transaktion zu klären; und je nach dem ist er zu einer Meldung nach Artikel 9 GwG verpflichtet. Es bleibt ihm überlassen, vom Melderecht nach Artikel 305ter Absatz 2 StGB Gebrauch zu machen. Diese Klärungspflicht ergeht indessen nicht aus dem SRVG, sondern wird dem Finanzintermediär durch das GwG auferlegt.
  7. Personen und Institutionen, die keine Finanzintermediäre, Händlerinnen oder Händler im Sinne des GwG sind, müssen eine Meldung nach Artikel 7 SRVG erstatten, wenn sie in der Schweiz Vermögenswerte von Personen halten oder verwalten, die unter eine Sperrungsmassnahme fallen (Art. 7 Abs. 1 SRVG). Das gilt auch für Personen oder Institutionen, die – ohne in der Schweiz solche Vermögenswerte zu halten oder zu verwalten – aufgrund ihrer Aufgaben von solchen Vermögenswerten wissen (Art. 7 Abs. 2 SRVG). Diese Personen und Institutionen unterliegen nicht der vom GwG vorgesehenen Sorgfaltspflicht. Deshalb brauchen sie weder den wirtschaftlichen Hintergrund einer Transaktion noch deren Zweck zu klären oder eine Meldung nach Massgabe von Artikel 9 GwG zu erstatten.

Dokumentation

Dokumente

Links

Letzte Änderung 01.05.2011

Zum Seitenanfang

https://www.fedpol.admin.ch/content/fedpol/de/home/kriminalitaet/geldwaescherei/praxis.html