Das Val-de-Travers ist eine fusionierte Gemeinde im Kanton Neuenburg. Es liegt an der Grenze zu Frankreich und umfasst mit seinen neun ehemaligen «Gemeinden» rund 11 000 Einwohner. Bekannt ist diese Gegend vor allem durch die grüne Fee (Absinth), aber auch durch ihre Uhrenindustrie.
Die seit mehreren Jahrzehnten stabile Bevölkerungszahl verdankt die Region der Zuwanderung von Migrantinnen und Migranten – hauptsächlich wegen des Arbeitskräftebedarfs der lokalen Industrie. Das Einkommen ist im Vergleich zu anderen Regionen zwar deutlich niedriger. Dennoch besteht aufgrund der Solidarität zwischen den Einwohnerinnen und Einwohnern und des sozialen Gewissens der grossen Unternehmen ein guter sozialer Zusammenhalt.
Um das Zusammenspiel zwischen Zuwanderung und sozialem Zusammenhalt noch weiter zu fördern, zielte das Projekt «IntégraVal» auf Massnahmen zur raschen Integration von Migrantinnen und Migranten ab und wollte zudem die Kontakte innerhalb der Bevölkerung intensivieren.
Zugänge schaffen: Ein erster Schritt auf dem Weg zur Integration ist dann geschafft, wenn Migrantinnen und Migranten einen offenen Zugang zu Informationen, zu Veranstaltungen oder zu Vereinen haben. Deshalb wurden Massnahmen erarbeitet, um Neuzuziehende zu begrüssen, um Vereine für die Migrationsbevölkerung zu öffnen oder das Programm zur jährlichen Feier für die Neugeborenen auf fremdsprachige Familien auszuweiten.
Aktive Bürgerschaft (Citoyenneté) fördern: Alle Einwohnerinnen und Einwohner sollen auf der Grundlage der kantonalen Verfassung aktiv am Gemeindeleben teilhaben – unabhängig von ihrer Herkunft oder ihres Alters. Eine Bürgerschaft-Charta für Neuzuziehende verdeutlichte die Erwartungen an ein respektvolles und solidarisches Zusammenleben. Migrantinnen und Migranten profitierten zudem von einem Erstinformationsdispositiv. In den Schulen wurde eine Begrüssungskultur für zugezogene Kinder etabliert. Und: Die Kurse für Heimatsprache und -kultur (HSK-Kurse) wurden ausgebaut.
Beziehungen und Kontakte in der Bevölkerung stärken: Es braucht geeignete Gelegenheiten, damit innerhalb der Bevölkerung Kontakte entstehen und sich Beziehungen entwickeln. Deshalb wurden Organisationen und Vereine der Migrationsbevölkerung eingeladen, an den öffentlichen Veranstaltungen in der Gemeinde mitzuwirken. Zudem wurden die Verbindungen zwischen der Migrationsbevölkerung und der Gemeindebehörde (Gemeinderat) institutionalisiert. Für die Jugendlichen wurden Begegnungsräume im Jugendkulturhaus Barak geschaffen.
Übergeordnete Strategie: Damit Integration, Interkulturalität und generationenübergreifendes Zusammenleben langfristig gelingen, bedarf es einer kommunal koordinierten Strategie. Handlungsfelder und Prioritäten müssen definiert, die Finanzierung gesichert werden. Die aufgebauten Integrationshilfen wurden auf Gemeindeebene fest verankert und ein Koordinationsgremium für die interdepartementale Zusammenarbeit gegründet. Lokale Unternehmen konnten für die Begrüssung der Neuzuziehenden gewonnen werden. Dazu wurde eigens ein Begrüssungs-Kit entwickelt.
Die Stärkung der Integrationspolitik und die Förderung des sozialen Zusammenhalts sind auch fünf Jahre nach Projektabschluss im Alltag des Val-de-Travers immer noch wirksam. Ob Citoyenneté-Charta, Vernetzung von Migrantenvereinen und ihre Einbindung in die Organisation öffentlicher Veranstaltungen oder die «Willkommens-Kits» der Unternehmen - sie alle haben ihren festen Platz in den Aktivitäten der Gemeindeverwaltung. Über den Projektrahmen hinaus wurden die Willkommenskultur weiterentwickelt, die heimatsprachlichen Kurse auf die kosovarische Gemeinschaft ausgeweitet und zur Kontaktförderung neu auch auf digitale Kanäle gesetzt.
Das Projekt «IntégraVal» steht nun für weitere Massnahmen Modell und das Konzept soll auf andere Bereiche und Zielgruppen ausgedehnt werden. So soll ein «Seniorenrat» ins Leben gerufen werden und es bestehen Überlegung zur Einrichtung eines Jugendparlamentes. Ganz im Sinne eines Kernanliegens von IntégraVal: Die Beziehung zwischen den Generationen zu pflegen und alle Bevölkerungsgruppen zur Teilhabe am öffentlichen Leben einzuladen. Dem kann auch «periurban» nur beipflichten.
Letzte Änderung 09.03.2022