Empa Young Scientist Fellowship: Quanteneffekte in Kohlenstoff-Molekülen berechnen
Dübendorf, 11.12.2025 — Experimente im Labor und die mathematische Modellierung am Computer gehen in der modernen Materialwissenschaft Hand in Hand. Bei neuartigen Quantenmaterialien wie den zweidimensionalen Nanographenen stossen die vorhandenen Modelle jedoch an ihre Grenzen. Empa-Forscher Goncalo Catarina will ein zuverlässiges Modell für diese Quantenmoleküle entwickeln. Dafür hat er nun ein zweijähriges «Empa Young Scientist Fellowship» erhalten.

Ein Nanographen-Molekül scheint simpel genug: Eine zweidimensionale Struktur aus einer Handvoll Kohlenstoff-Atomen, die in regelmässigen Ringen angeordnet sind. Doch gerade diese einfache Struktur verleiht Nanographenen besondere Eigenschaften. Empa-Forschende aus dem Labor «nanotech@surfaces» entlocken den flachen Molekülen beispielsweise Quanteneffekte. Eines Tages könnten sie in fortschrittlichen elektronischen Komponenten wie Sensoren, Kommunikationstechnologien oder Bauteilen für Quantencomputer eingesetzt werden. Das ist auch das Ziel des Forschungsprojekts «CarboQuant», das die Empa-Forschenden mit der Unterstützung der Werner Siemens-Stiftung sowie des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) durchführen.
Die Technologie hat viel Potenzial, steht aber noch am Anfang ihrer Entwicklung. Um Quanteneffekte anwenden zu können, muss man sie zuerst genau verstehen. Dazu verbinden die Forschenden gezielte Experimente mit theoretischen Modellen und Simulationen. Nur: So einfach das Nanographen auch scheint, seine Modellierung ist es nicht. «Standard-Modelle, mit denen die meisten Materialien berechnet werden können, funktionieren für solche Quantenmaterialien nicht», erklärt Goncalo Catarina aus dem Labor «nanotech@surfaces». Der Jungforscher will bessere Modelle spezifisch für Nanographen-Systeme entwickeln. Für sein Forschungsvorhaben hat er ein zweijähriges «Empa Young Scientist Fellowship» erhalten.
Neuartige Materialien brauchen neuartige Methoden
Der Schwachpunkt der herkömmlichen Modellierung sind die Annahmen, die das Modell treffen muss. «Modelle sind immer vereinfacht und nutzen Annäherungen – ansonsten würde unsere Rechenleistung gar nicht ausreichen», erklärt Catarina. Weil Nanographene dermassen andere physikalische Eigenschaften an den Tag legen als die meisten anderen Materialien, scheitern konventionelle Berechnungsmethoden.
Catarina, der bereits während seines Doktorats an der Modellierung von Graphen-Systemen gearbeitet hat, will sein Modell auf anderen mathematischen Methoden aufbauen, die den Besonderheiten der winzigen Quantenstrukturen Rechnung tragen. Der Jungforscher nutzt bereits seinen Ansatz, um die experimentellen Ergebnisse seiner Kolleginnen und Kollegen aus dem «nanotech@surfaces»-Labor zu erklären. Je nach Experiment muss er allerdings unterschiedliche Annahmen im Modell treffen, um die gewünschten Ergebnisse zu erhalten.
Diese Unsicherheit will Catarina im Rahmen seines Fellowships aus dem Weg räumen. «Mein Ziel ist es, ein Rahmenmodell zu entwickeln, mit dem Nanographen-Systeme systematisch und konsequent berechnet und sogar vorhergesagt werden können», sagt er. Der Forscher spricht von einer «ab initio»-Berechnung, die sich nur auf die grundlegenden physikalischen Gesetzte stützt und auf zusätzliche Parameter verzichtet. Sein Modell will er mit Experimenten validieren.
Noch steht Goncalo Catarina ganz am Anfang seines zweijährigen Projekts. «Es kann vieles schief gehen», gibt er zu. «Quantensysteme sind schwer vorherzusagen.» Genau diese Herausforderung schätzt er aber an seinem Fachgebiet. «Im schlimmsten Fall lerne ich viel dazu und teile meine Ergebnisse mit der Community», sagt er. Im besten Fall? «Ein funktionierendes theoretisches Modell, das auch Vorhersagen treffen kann, könnte den Weg zu konkreten Anwendungen für die Nanographene ebnen.»
Talentförderung an der Empa
Das «Empa Young Scientist Fellowship» ist ein Förderinstrument für aussergewöhnlich begabte Nachwuchs-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler. Fellows erhalten die finanziellen Mittel, während zwei Jahren ein eigenständiges Forschungsprojekt durchzuführen. Die Fellowships werden in einem Wettbewerbsverfahren vergeben, um die Projekte mit dem höchsten Potenzial auszuwählen.
Informationen
Dr. Goncalo Catarina
nanotech@surfaces
Tel. +41 58 765 43 43
goncalo.catarina@empa.ch