Prävention von Korruption im Parlament, in den Gerichten und der Bundesanwaltschaft

Bern, 15.03.2017 - Die Staatengruppe GRECO (Groupe d’Etats contre la Corruption) hat nach der vierten Evaluation der Schweiz eine Reihe von Empfehlungen zur Prävention der Korruption im Parlament, in den eidgenössischen Gerichten und in der Bundesanwaltschaft verabschiedet. Sie erwartet bis Mitte 2018 einen Bericht über die Umsetzung ihrer Empfehlungen.

Die vierte Evaluation stützt sich auf die Antworten der Schweiz auf einen Fragebogen sowie auf den Besuch eines Evaluationsteams vom 30. Mai bis 3. Juni 2016. Die Experten trafen sich namentlich mit Vertretern des Parlaments, aller eidgenössischen Gerichte (Bundesgericht, Bundesstrafgericht, Bundesverwaltungsgericht und Bundespatentgericht) und der Bundesanwaltschaft. Der Bericht mit den Ergebnissen der Evaluation wurde am 2. Dezember 2016 von der Plenarversammlung der GRECO verabschiedet und heute veröffentlicht. Darin würdigt die GRECO die Institutionen der Schweiz, die sich durch grosse Selbstständigkeit, konsensuale Entscheidfindung, Miliz- und Konkordanzsystem sowie eine Kultur des Vertrauens und der Diskretion auszeichnen. Sie hält fest, dass es kaum grössere Korruptionsfälle gibt. Schwachstellen des Systems ortet die Staatengruppe aber beim subtilen Druck, der auf die Akteure in Politik und Justiz ausgeübt werden kann. Allen drei Behörden - also dem Parlament, den Gerichten und der Bundesanwaltschaft - empfiehlt GRECO deshalb, Verhaltensrichtlinien mit Kommentaren und konkreten Beispielen zu erlassen und ihre Mitglieder entsprechend zu sensibilisieren.

Die Vertraulichkeit der Kommissionsitzungen lockern

Das Gesetzgebungsverfahren zeichne sich in der Schweiz durch weitgehende Transparenz aus, die allerdings nicht für die Verhandlungen in den parlamentarischen Kommissionen gelte. Die GRECO empfiehlt daher dem Parlament zu prüfen, ob die Vertraulichkeit dieser Verhandlungen gelockert werden könnte. Zudem sollten die Meldepflichten von Ratsmitgliedern auf finanzielle Interessen erweitert sowie konkrete Interessenkonflikte in den Verhandlungen ad-hoc offengelegt werden, und zwar auch wenn diese im (öffentlichen) Register der Interessenbindungen ersichtlich sind. Ferner sollte die Einhaltung der Meldepflichten vermehrt kontrolliert werden.

Die Mandatssteuern abschaffen

Weiter sollten nach Ansicht der GRECO die Qualität und die Objektivität der Auswahl der Mitglieder der eidgenössischen Gerichte gestärkt sowie die Zahlung von Mandatssteuern an deren politische Partei abgeschafft werden. Zudem sei darauf zu achten, dass es nicht zu Abwahlen von Richterinnen oder Richtern aus politischen Gründen komme. Zu prüfen sei ferner, ob die Mitglieder der eidgenössischen Gerichte künftig auf unbeschränkte Zeit gewählt werden sollten. Schliesslich empfiehlt die GRECO die Einführung eines Disziplinarsystems, um allfällige Verstösse von Richterinnen und Richter gegen ihre beruflichen Pflichten mit anderen Sanktionen als der Amtsenthebung oder Nichtwiederwahl ahnden zu können.

An die Bundesanwaltschaft richtet sich die Empfehlung, Disziplinarverfahren besser zu dokumentieren und gegebenenfalls - unter Wahrung der Anonymität der Betroffenen - die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Zudem soll im Falle einer Revision des Strafbehördenorganisationsgesetzes (siehe Parlamentarische Initiative 15.473) sichergestellt werden, dass die Regeln und Verfahren für die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft mögliche Interessenkonflikte ihrer Mitglieder berücksichtigen, die Verfahren vor den Strafbehörden des Bundes führen.

Die Korruptionsbekämpfung durch Länderprüfungen stärken

Mit Inkrafttreten des Europäischen Strafrechtsübereinkommens über Korruption im Jahr 2006 ist die Schweiz gleichzeitig Mitglied der GRECO geworden. Die Staatengruppe hat die Aufgabe, die Korruptionsbekämpfung in den Mitgliedstaaten durch wechselseitige Länderprüfungen zu unterstützen und zu stärken. Kernstück der Evaluationsberichte sind Empfehlungen an das geprüfte Land, deren Umsetzung im anschliessenden Konformitätsverfahren überprüft wird.

Die erste Evaluation der Schweiz im Jahr 2008 hatte die Bekämpfung der Korruption in der Verwaltung sowie Fragen des Strafprozessrechts und des Strafrechts zum Gegenstand und wurde erfolgreich abgeschlossen. Themen der zweiten Evaluation von 2011 waren das Korruptionsstrafrecht und die Parteienfinanzierung. Bezüglich der Parteienfinanzierung befindet sich die Schweiz nach wie vor im Nichtkonformitätsverfahren, weil sie bisher keine gesetzliche Grundlage für eine bessere Transparenz in Aussicht gestellt hat.


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Letzte Änderung 30.01.2024

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